Sandro R. Müller wählte aus Cabanilles’ Oeuvre vierzig Orgelstücke aus und formte daraus einen umfangreichen vierteiligen Zyklus von insgesamt 283 Minuten Dauer. Sinnlich eingespielt auf der großen Rieger-Orgel der Abtei Marienstatt, die eine originale spanische Trompeteria von 1732 mit eigenem Wind besitzt. Ein musikalisches Juwel!
Nur wenig ist über das Leben des spanischen Komponisten und Organisten Juan Bautista Cabanilles, ein Zeitgenosse von Dietrich Buxtehude und Johann Pachelbel, bekannt. Getauft am 6. September 1644 in Algemesí, einer Kleinstadt in der Nähe von Valencia, besuchte Cabanilles das Gymnasium des Priesterseminars in Valencia, wo er später auch Philosophie und Theologie studierte.
Am 15. Mai 1665 ernannte ihn das valencianische Domkapitel zum zweiten Organisten, als Nachfolger von Jerónimo de la Torre, ohne sich – wie es in Spanien sonst üblich war – durch Prüfungen und Mitbewerbungen für diese Stelle zu qualifizieren. Diese Ausnahme läßt die Vermutung zu, daß Cabanilles schon in jungen Jahren ein recht berühmter und ausgezeichneter Organist war. Neben seinen Verpflichtungen als Organist studierte er weiterhin Theologie und bereitete sich auf die Priesterweihe vor, die er am 22. September 1668 empfing. Um diese Zeit begann Cabanilles wohl zu komponieren.
Von den etwa 800 Werken, die Cabanilles für die verschiedensten Besetzungen, vokal wie instrumental, komponiert haben soll, ist heute etwa ein Drittel bekannt. Im Mittelpunkt des Oeuvres stehen die Orgelstücke, und hier sind es vor allem die sogenannten “Tientos”, in denen sich die iberische Orgeltradition von Antonio de Cabezón, Correa de Arauxo und Rodrigues Coelho kondensiert und weitergeführt wird.
Die von Cabanilles überlieferten Werke weisen so gut wie keine Angaben über die Klangfarben- oder Artikulationsgestaltung auf. Darin sind die Kompositionen in etwa mit Johann Sebastian Bachs “Kunst der Fuge” vergleichbar. Diese gestalterischen Offenheiten füllte Sandro R. Müller durch ein Konzept von religiös-mystischer, teilweise exzessiver Bildsprachlichkeit, wie sie in der spanischen Kunst des 16. bis 18. Jahrhunderts vorherrschend war und übertrug diese auf die Klangfarben der Orgel. Aus Cabanilles’ Oeuvre wählte er etliche Orgelstücke aus und formte daraus einen umfangreichen Zyklus von insgesamt 283 Minuten Dauer, aufgeteilt auf vier Volumes (Vol. I: La Sagrada Família, Vol. II: Bodas de Sangre, Vol. III: Galería, Vol. IV: Engelskonzert), die den gesamten theologischen Kosmos des spanischen Katholizismus widerspiegeln und versuchen, der Person Juan Bautista Cabanilles, Priester und Organist, und dessen Werk gerecht zu werden.
Sandro R. Müller spielt auf der großen Rieger-Orgel der Abtei Marienstatt, die eine originale spanische Trompeteria von 1732 mit eigenem Wind besitzt.
Sandro R. Müller an der großen Rieger-Orgel (1969/70), Abtei Marienstatt
Recording Producer: Ingo Schmidt-Lucas
Sandro R. Müller
wurde am 18. November 1955 in Wiesbaden geboren. Er erhielt seinen ersten Klavierunterricht mit 10 Jahren. Ab 1979 folgten Orgelstudien bei Gerd Zacher an der Folkwang-Hochschule Essen. Seit 1980 ist er Organist an der Alexander Schuke-Orgel der Alten Reformierten Kirche Calvinstraße in Wuppertal-Elberfeld. Neben seiner Konzerttätigkeit als Organist und Pianist widmet er sich verstärkt dem Komponieren.