Kurzbeschreibung
Zeitgenössische elektroakustische Musik aus dem Feedback Studio Köln, gegründet 1970 von Johannes Fritsch, Rolf Gehlhaar und David Johnson.
Beschreibung
Die CD 10 der Feedback-CD-Reihe widmet sich Fritschs live-elektronischen Werken, die zum größten Teil noch vor der Gründung des Feedback Studios komponiert wurden. Zu Beginn steht das Duett für Bratsche (1961), das Fritsch als sein opus 1 definierte. Das Werk entstand aus einem experimentierenden Umgang mit der Viola heraus und begründet den Anfang einer Reihe von Kompositionen, in denen Fritsch Tonbandaufnahmen in Live-Aufführungen integriert und teilweise durch Improvisationen ergänzt. Madrigal Triste (1963) bietet auch ein Beispiel für Fritschs Interesse an Übersetzung von Text in Musik: Buchstaben und Silben des gleichnamigen Gedichts von Charles Baudelaire werden in Oboen-Töne umgewandelt. Ein begleitendes Tonband verändert den Klang der Oboe mit den Mitteln des elektronischen Studios und lässt „eine Art imaginären Oboenklangraum“ entstehen. Das komplexe Werk Partita (1966) veranschaulicht Fritschs Beschreibung von live-elekronischer Musik als „eine neue Art von Kammermusik, deren Instrumentarium neben traditionellen Musikinstrumenten verschiedene elektronische Transformationselemente beinhaltet“. Als „Transformationselemente“ nutzt Fritsch spezielle Kontaktmikrofone, Filter, Regler sowie ein Delay- und Feedback-System, das über Tonbandgeräte, Verstärker und Mischpult erzeugt wird. Alle fünf Kompositionen dieser CD thematisieren die Verbindung von Musiker und Instrument im neuen Zeitalter der Elektronik. Dabei erschafft Fritsch zuvor noch nie gehörte Klänge und Klangfarben.
Das Feedback Studio
Nach monatelanger Zusammenarbeit mit Karlheinz Stockhausen auf der Weltausstellung 1970 in Osaka fassten die drei Komponisten Johannes Fritsch, Rolf Gehlhaar und David Johnson den Entschluss, sich selbständig zu machen. 1970 riefen sie das Feedback Studio ins Leben: ein unabhängiges, privates elektronisches Studio. Ein Jahr später gründeten Fritsch und Gehlhaar mit dem Feedback Studio Verlag den ersten deutschen Komponistenverlag. Studio und Verlag befanden sich im Belgischen Viertel in Köln in einem Hinterhaus, wo Fritsch sich 1967 unter dem Dach ein Privatstudio eingerichtet hatte. Sowohl Studio als auch Verlag verstanden sich nicht als ein kommerzielles Unternehmen, sondern vielmehr als eine Künstlerkooperative und ein alternatives Zentrum für Musik. Der Verlag vertrat bis zu 300 Kompositionen von 20 Komponisten. Sein Programm umfasste neben elektronischen und live-elektronischen Werken, Computerkompositionen und Werken für großes Orchester vor allem Kammermusik, etwa der Komponisten Klarenz Barlow, Michael von Biel, Peter Eötvös, Johannes Fritsch, Rolf Gehlhaar, Caspar Johannes Walter und vielen mehr. Die Schriftenreihe Feedback Papers, insgesamt 46 Hefte bzw. Bücher, dokumentieren in Nachrichten, Informationen, Projektbeschreibungen, Analysen und Aufsätzen nicht nur die Geschichte des Feedback Studios, sondern geben einen eigenen Blick auf die Geschichte der Neuen Musik, abseits der philharmonischen Hauptwege und etablierten Festivals.
Nach Fritschs Tod 2010 wurde der Feedback Studio Verlag aufgelöst. Noch vorrätige Feedback Papers und CDs sind in die edition johannes fritsch übergegangen (www.editionjohannesfritsch.de). Alle historischen Dokumente wie Materialbänder, Tonbandaufzeichnungen von Hinterhausmusiken, Korrespondenzen oder historische Apparate befinden sich im Musikarchiv der Akademie der Künste (www.adk.de) in Berlin.
Details
Track 1: Johannes Fritsch (Viola)
Track 2: Lothar Faber (Oboe)
Track 3: Patricio Cádiz (Violine) - Rheinisches Kammerorchester - Thomas Baldner (Leitung) - Johannes Fritsch (Klangregie)
Track 4: Johannes Fritsch (Viola) - Rolf Gehlhaar (Spieler 1) - Alfred Alings (Spieler 2) - Karlheinz Stockhausen (Spieler 3)
Track 5: Dieter Wernecke (Sprecher) - Michael Ranta (Schlagzeug) - Volker Müller (Tontechnik)
Begleitheft-Sprachen: Deutsch und Englisch (56 Seiten Umfang mit Digipak)
Gefördert von der Kunststiftung NRW
Biografien
Johannes Fritsch (1941-2010)
wurde am 27.7.1941 in Bensheim-Auerbach (Bergstraße) geboren, Studium an Universität und Musikhochschule Köln (Musikwissenschaft, Soziologie, Philosophie, Viola, Komposition bei B.A. Zimmermann), während des Studiums Aushilfstätigkeit in verschiedenen Orchestern, Teilnahme am Hochschulwettbewerb (1963) und künstlerische Reifeprüfung (1965) im Fach Viola. Teilnahme an den Internationalen Ferienkursen in Darmstadt und an den Kölner Kursen für Neue Musik. 1965-70 Lehrer für Musiktheorie am Konservatorium der Stadt Köln.
1964-70 Mitglied des Stockhausen-Ensembles, zahlreiche Konzertreisen, Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen, 1970 Weltausstellung Osaka. 1966 Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen, 1971 Preis der Biennale Paris, 1976 Villa Massimo Rom, 1977 Förderpreis der Stadt Köln, Kammermusikpreis der Stadt Braunschweig, 1981 Robert-Schumann-Preis der Stadt Düsseldorf.
1970 Gründung des Feedback Studio Köln zusammen mit Rolf Gehlhaar und David Johnson, Veranstaltung von Hinterhausmusiken im Feedback Studio. 1971 Feedback Studio Verlag (erster deutscher Komponistenverlag). 1974-98 im Vorstand des Instituts für Neue Musik und Musikerziehung Darmstadt. 1979, 1982, 1984 und 1986 Veranstalter der WELTMUSIK-Kongresse in Vlotho (zusammen mit der Landesarbeitsgemeinschaft Musik NRW und dem Westdeutschen Rundfunk). 1971-84 Leiter einer Kompositionsklasse und des Seminars für Neue Musik an der Akademie für Tonkunst in Darmstadt, gleichzeitig Lehrauftrag für Allgemeine Harmonik und Medienästhetik an der Musikhochschule Köln. Dozent bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt 1974, 1984 und 1986. 1984-2006 Professor für Komposition an der Staatlichen Hochschule für Musik Köln. Herausgeber der Feedback Papers und, zusammen mit Dietrich Kämper, der Kölner Schriften zur Neuen Musik (Schott Verlag). Zahlreiche musiktheoretische Veröffentlichungen, mehr als 120 Kompositionen aller Gattungen.
Schriften- und Werkverzeichnis sowie weitere Informationen zu Fritschs Nachlass im Internet. (www.editionjohannesfritsch.de)